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Ortsteil Bischoffen

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    Am Ende des neunten Jahrhunderts gehörte unser Gebiet zum Mittellahngau, der von Weilburg aus verwaltet wurde. Die Karolinger, ebenso die sächsischen und fränkischen Könige der Folgezeit verschenkten noch große Teile des Landes als Reichslehen an die Bischöfe und Äbte und machten sie zu geistlichen Fürsten. 913 erhielt das Walpurgisstift in Weilburg die Kirchen in Breidenbach und Gladenbach. Kaiser Otto III. schenkte um das Jahr 1000 dem Domstift von Worms die Abtei Weilburg. Die Vermutung liegt nahe, dass ein Bischof zu Worms hier einen Bischofshof baute, was zur Namensgebung des Ortes beitrug.

    Die Markensetzung löste die Gaueinteilung ab. Unser Gebiet gehörte zur Erdaer Mark, die durch Schenkung an das Bistum Speier kam. Erst das Bistum Speier gab die Erdaer Mark als Lehen an die Grafen von Gleiberg. Vielleicht war es auch ein Bischof von Speier, der als Gründer eines kirchlichen Herrenhofes hier in Frage kommt.

    In dem ersten Band des Urkundenbuches der Stadt Wetzlar, das die Zeit von 1141 bis 1350 erfasst, steht geschrieben, dass im Jahre 1299 ein Herr Konrad von Bischoffen (Bischoven) den Wetzlarer Bürgern einen Jahreszins von seinem Hause in der Wetzgasse verkauft. Das ist die älteste urkundlich belegte Erwähnung von Bischoffen.Nach einem Personen- und Ortsregister aus dem Jahre 1312, das in demselben Urkundenbuch festgehalten ist, haben in Bischoffen Gerhard Bischof und seine Frau Irmtrud zu dieser Zeit nachweislich gelebt. Bischoffen gehörte damals zur Altenkirchener Zent, ein dem Grafen von Solms im Jahre 1156 durch Heirat von der Grafschaft Gleiberg zugefallener Verwaltungsbezirk.

    Im Jahre 1354 starb Graf Johannes von Solms. Seine Witwe und Söhne verwirtschafteten in leichtsinniger Weise wertvolles Gut. So verpfändete sein Sohn Heinrich IV. am 27. März 1356 (Uhlhorn, Geschichte der Grafen von Solms) an Philipp von Calsmunth seinen Anteil an den in der Altenkirchener Zent liegenden Dörfern, darunter auch Niederbischoffen und Oberbischoffen (Nydernbischoben und Obernbischoben). Das ist die älteste Erwähnung von Oberbischoffen, das nach dem Salbuch aus dem Jahre 1588 oberhalb der Pfeiffers Mühle an der Einmündung des Bachgrundes in das Siegbachtal gelegen haben muss. Die Flurnamen »Im Höfchen« und »Im Anspann« sowie mittelalterliche Keramikfunde bestimmen die genaue Ortslage.

    Im Laufe der Jahrzehnte siedelten jedoch die Bewohner von Oberbischoffen im Zuge des allgemeinen Zusammenschlusses zu Großdörfern, was im 13. und 14. Jahrhundert zu einem gewaltigen Dörferschwund führte, nach Obernthal und Bischoffen über. Pest und Seuchen, unter denen die Tuberkulose eine große Rolle spielte, hatten die Bevölkerung derart dezimiert, dass die oft sehr kleinen Ansiedlungen nicht mehr lebensfähig waren.

    Auch der Zwang zur Selbstverteidigung in den Fehdezeiten des 14. und 15. Jahrhunderts nötigte zur Anlehnung an den größeren Nachbarn. Man weiß sogar, dass einfach obrigkeitlicher Druck die Auslöschung von Dörfern erzwang.

    Die Behausungen verfielen, aus Oberbischoffen wurde eine Wüstung. Seine Gemarkung, die bis auf den Schönscheid (westlich Günterod) hinaufreichte, kam zu der Gemarkung von Bischoffen, was aus den Königsberger Salbüchern von 1569 und 1588, die im Staatsarchiv Marburg aufbewahrt werden, eindeutig hervorgeht. Die Ländereien wurden nach weiteren Salbuch Aufzeichnungen zum Teil von Übernthal bewirtschaftet, da die nordwestlichen Fluren für Bischoffen zu abseits lagen.

    Nach 1400 muss Oberbischoffen schon nicht mehr existiert haben. So ist auch in einem Teilungsvertrag vom 16. November 1432 (Solmser Urkunden) zwischen Solms Braunfels und Solms Hohensolms nur noch von Bischoffen die Rede, das mit anderen Orten und Wüstungen, hier u. a. die Wüstungen Oberbischoffen und Frommerode dem Grafen Johann zu Solms Hohensolms zugeteilt wurde.

    Es ist anzunehmen, dass die ersten Häuser »Im Hof« errichtet wurden, dicht zusammengedrängt, zum besseren Schutz gegen Wild und räuberische Überfälle.

    Größere Bedeutung erhielten Bischoffen und Niederweidbach, als die Köln-Leipziger Handelsstraße vom Jahre 1357 ab von Driedorf über Herborn kommend durch das Aartal an Bischoffen und Niederweidbach vorbeiführte.

    Aus dieser Zeit stammt auch der Turm des Bischoffener Dorfkirchleins, der als Wehrturm an dieser wichtigen Handelsstraße zum Unterschlupf bei Überfällen diente. Die Bewohner führten als leibeigene Bauern ein armes Leben, denn sie waren ihrem Herrn gegenüber zu hohen Abgaben und mancherlei Dienstleistungen verpflichtet.

    Der malerische und größte Ortsteil Bischoffen verfügt über viele ländliche Traditionen und eine reiche Mühlengeschichte. Dort, wo der »Siegbach«, der im Staatsforst des Schelderwaldes entspringt, in die vom Solmser Land kommende »Aar« mündet, liegt die ehemalige Gemeinde und jetzige Ortsteil Bischoffen. Hier gab es einmal fünf Mühlen ‑ in Hessen einmalig ‑, was das im Jahre 1299 erstmalig urkundlich erwähnte Dörflein weit über die Landesgrenzen hinaus als das Fünf‑Mühlen‑Dorf bekannt gemacht hat. Davon nutzten die »Steinmühle« oder »Bartmühle« oder auch neuerlich »Dongesmühle« und die »Gellenbachmühle«, oder auch »Dreiländermühle« die Wasserkraft der Aar aus.

    Der muntere Siegbach drehte die Wasserräder der »Pfeiffers Mühle«, oder auch »Obermühle«, der »Grünewaldsmühle« und der »Weissbindersmühle«, die durch ihre zentrale Lage in Bischoffen auch unter der Bezeichnung »Bischoffer Mühle« im Wappenbuch des Hauses Lautz bezeichnet wird.

    Die Mühlen sind alle noch da und bewohnt, werden aber als solche nicht mehr betrieben. Diese Mühlen waren außer der »Waldsmühle« in der älteren Zeit sogenannte »Erbleihmühlen« die von ihren Eigentümern, den Müllern und ihren Familien, in »Erbpacht«, »Erbleihe« oder auch »Landsiedelleihe« ‑ gegen die im »Lehnbrief« festgesetzten Naturalien übergeben wurden. Überhaupt besaßen in der alten Zeit nur die Landesherren und die Klöster das nötige Kapital, solche Mühlanlagen zu bauen und zu unterhalten. Dazu kam dann noch der »Wasserfallzins« in Form von Kornabgaben an den Landesherrn, da durch Benutzung des Wassergefälles zu gewerblichen Zwecken in das Hoheitsrecht des Landesherrn eingegriffen wurde. Die »Erbleihmühlen« konnten später nach dem Gesetz von 1848 zu freiem Eigentum gemacht werden, wobei auch der »Wasserfallzins« abgelöst werden konnte. Die etwa nach 1600 von den Bürgern selbsterbauten Mühlen ‑ wie hier die »Waldsmühle« ‑ waren nur noch mit dem »Wasserfallzins« belastet.